„Müssen wir unsere Ausbildung kritisch hinterfragen?“

Hohe Durchfallquote bei den Friseuren: Obermeister Michael Dörr äußert sich selbstkritisch

Hanau – Die Friseur-Innung unter dem Dach der Kreishandwerkerschaft Hanau hat jetzt 13 Gesellinnen und Gesellen freigesprochen. Im Rahmen einer Feierstunde im Hanauer Brockenhaus übergab Obermeister Michael Dörr den Absolventen ihre Gesellenbriefe. Doch mischte sich in die Freude über den Nachwuchs im Friseurhandwerk auch ein wenig Sorge. Denn mit 50 Prozent war die Durchfallquote so hoch wie schon seit mindestens vier Jahren nicht mehr.

„Dies sollte ein Anlass sein, uns und unsere Anforderungen an die Auszubildenden kritisch zu hinterfragen“, meinte Obermeister Dörr. Sorge bereitet ihm, dass es vor allem Probleme in der praktischen Prüfung waren, die zu dem schlechten Ergebnis führten. „Entweder sind unsere Erwartungen an die Auszubildenden zu hoch, oder aber die Ausbildungsintensität in den Betrieben nicht hoch genug“, sagte Dörr und kündigte an, die Ergebnisse auch mit Hilfe des Prüfungsausschusses noch einmal eingehend analysieren zu wollen. Angebote seitens der Friseurinnung und der Berufsschulen zur Vorbereitung der Prüfungen gebe es bereits, erläuterte Dörr. Doch würden diese oftmals weder von den Auszubildenden noch von den auszubildenden Betrieben angenommen, kritisierte er. Er erneuerte sein Angebot an die Betriebe, gerade in Sachen Ausbildung die Hilfe der Innung in Anspruch zu nehmen. Eine gute Gelegenheit zum Austausch biete sich bei dem dreimal im Jahr stattfindenden Stammtisch der Friseure, den die Innung immer an verschiedenen Orten ausrichtet und zu dem alle Mitgliedsbetriebe eingeladen werden. Der nächste findet am 07.09.2023 um 19:30 Uhr im Gut Hühnerhof Gründau statt.

Dennoch: Trotz der hohen Durchfallquote gab es auch Ergebnisse, die durchaus Anlass zur Zuversicht geben. Vor allem das Ergebnis von Eve Marie Schneider, die mit 83,38 Prozent die beste Prüfung ablegte. Sie habe sich vor allem die Erfahrung älterer Kolleginnen im Ausbildungsbetrieb zunutze gemacht. „Ich habe halt immer gefragt, wie man die Techniken anwendet“, sagte die Innungsbeste. Die junge Gesellin hat beim Modefriseur Merz Management GmbH in Nidderau gelernt, wo auch bereits ihre Mutter vor mehr als 20 Jahren in die Lehre ging. Eve Marie Schneider will weiter kreativ arbeiten und möchte jetzt erst einmal das Fachabitur im Bereich Gestaltung anstreben. Die zweitbeste Ausbildung legte Theodoros Antoniadis vom Ausbildungsbetrieb IT Haircut UG in Maintal hin, der 82,72 Punkte erreichte.

Obermeister Dörr gratulierte allen Prüflingen: „Ihr verlasst nun eure Ausbildungsbetriebe und werdet euren eigenen Weg gehen. Ihr werdet euer erlerntes Wissen und eure Fähigkeiten in die Welt hinaustragen und euren eigenen Stil entwickeln. Ihr werdet Menschen verschönern, ihnen ein neues Selbstbewusstsein schenken und sie glücklich machen. Ihr werdet Teil einer Branche sein, die sich ständig weiterentwickelt und in der Kreativität und Individualität gefragt sind“, sagte er und gab den Gesellinnen und Gesellen noch einen Rat mit auf den Weg: „Seid immer neugierig und bereit, aus Fehlern zu lernen. Denn nur so werdet ihr euch kontinuierlich verbessern und euren eigenen Erfolgsweg gehen.“

Beglückwünscht wurden alle erfolgreichen Gesellinnen und Gesellen auch von Kreishandwerksmeister Martin Gutmann, der dem Nachwuchs bescheinigte, alles richtig gemacht und mit der Ausbildung im Handwerk die Grundlage für eine erfolgreiche berufliche Zukunft gelegt zu haben. „Sie können stolz auf sich sein. Bleiben sie dem Handwerk treu. Hier finden Sie alle Möglichkeiten, entweder in der Selbstständigkeit oder auch weiterhin im Angestelltenverhältnis, um sich beruflich zu verwirklichen“, versprach Gutmann den Berufsstartern. Glückwünsche sprachen auch der Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Thorsten Stolz und für den Magistrat der Stadt Hanau Joachim Stamm aus.

Die neuen Gesellinnen und Gesellen auf einen Blick:

Wintergesellenprüfung 2022/23: Yagmur Aslan, Hanau (Erika Heck, Bruchköbel); Irem Cokluk, Limeshain (Modefriseur Merz Management GmbH, Nidderau); Fruhar Golbaz, Hanau (hairdesign G2 GmbH, Neuberg); Saban Sakalikaba, Rodenbach; Sunita Sultani, Frankfurt am Main (Evin Aslan, Hanau); Duygu Toprak, Gründau (Klier Hair Group GmbH, Hanau)

Sommergesellenprüfung 2023: Oktay Akbana, Hanau (Derya Özcer u. Ahmet Akbana); Theodoros Antoniadis, Maintal (IT Haircut UG, Maintal); Beyonce Efe, Hanau (Michael Dörr, Hanau), Marie Frühauf, Hanau (Desiree Haupt, Karlstein am Main); Mayliene Sophie Minge, Seligenstadt (Hair & Body by Clips, Seligenstadt); Eve Marie Schneider, Limeshain (Modefriseur Merz Management GmbH, Nidderau); Clarissa Weber, Rodenbach (hairdesign G2 GmbH, Hanau)